Rohertrag

Fassade eines Stadthauses mit Balkon als Sinnbild für Rohertrag

Rohertrag bei Wohnobjekten

Der Rohertrag wird in § 31 Abs. 2 ImmoWertV wie folgt definiert:

Der Rohertrag ergibt sich aus den bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung und zulässiger Nutzung marktüblich erzielbaren Erträgen; hierbei sind die tatsächlichen Erträge zugrunde zu legen, wenn sie marktüblich erzielbar sind.

Bei Wohnobjekten ergibt sich der marktüblich erzielbare Ertrag im Wesentlichen aus den am Wertermittlungsstichtag erzielbaren Mieten. Dabei muss sowohl die ortsübliche Vergleichsmiete als auch die Marktmiete berücksichtigt werden.

Rohertrag in der Software KIM

Bewertungssoftware KIM

Bei der ortsüblichen Vergleichsmiete handelt es sich um einen Durchschnittswert aus den Mieten der vergangenen sechs Jahre. In diesem Durchschnittswert werden sowohl Neuabschlüsse als auch Änderungen von bestehenden Verträgen berücksichtigt. Die ortsübliche Vergleichsmiete wird im Allgemeinen in den Mietspiegeln der Kommunen veröffentlicht. Sie ist in der Regel die Obergrenze für Mieterhöhungen bei Bestandsmietverträgen.

Die Marktmiete ist dagegen die Miete, die bei einem Neuabschluss eines Mietvertrags üblicherweise erzielt werden kann. Bei einem Neuabschluss kann der Vermieter die Miethöhe grundsätzlich frei bestimmen. Er ist nicht an die ortsübliche Vergleichsmiete gebunden. Die Höhe der Miete wird aber durch die so genannte Mietpreisbremse, die seit einigen Jahren in vielen Städten mit angespanntem Wohnungsmarkt gilt, begrenzt. Demnach darf die Miete bei der Wiedervermietung von Bestandswohnungen höchstens auf das Niveau der ortsüblichen Vergleichsmiete zuzüglich 10 Prozent angehoben werden. Welche Städte einen angespannten Wohnungsmarkt aufweisen, wird von den Bundesländern bestimmt.

Darüber hinaus sind die Wesentlichkeitsgrenze nach § 5 Wirtschaftsstrafgesetz und die Wuchergrenze nach § 291 Strafgesetzbuch zu beachten. Die Wesentlichkeitsgrenze wird überschritten, wenn die vereinbarte Miete die ortsübliche Miete um mehr als 20 Prozent übersteigt. Bei einer Überschreitung der ortsüblichen Miete von mehr als 50 Prozent, liegt der Straftatbestand des Wuchers vor.

Letztendlich sollten zur Rohertragsermittlung sowohl die ortsüblich Vergleichsmiete als auch die Marktmiete herangezogen werden. Zudem spielt auch die tatsächlich erzielbare Miete eine große Rolle. Der Sachverständige muss die verschiedenen Mieten auswerten und daraus entsprechende Schlüsse ziehen.

Nachfolgend sehen Sie eine Konstellation, die sich bei der Rohertragsermittlung ergeben könnte:

Ermittlung des Rohertrags in der Immobilienbewertung nach ImmoWertV

Man erkennt, dass die tatsächliche Miete, die im Bewertungsobjekt erzielt wird, in der Größenordnung der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt. Damit kann die tatsächliche Miete als Rohertrag angesetzt werden. Die Marktmiete liegt dagegen so hoch, dass sie für die Rohertragsermittlung nicht relevant ist. Dies gilt vor allem dann, wenn es sich bei dem Bewertungsobjekt um eine voll vermietete Bestandsimmobilie handelt. Bei einem zur Vermietung anstehenden Neubauobjekt würde man sicherlich eher zur Marktmiete tendieren, zumal die Marktmiete die Mietpreisbremse nicht überschreitet.

Eine weitere beispielhafte Konstellation könnte folgendermaßen aussehen:

Ermittlung des Rohertrags im Ertragswertverfahren der Immobilienbewertung nach ImmoWertV - geringere Miete als Marktmiete

In diesem Fall liegt die im Bewertungsobjekt erzielte tatsächliche Miete erheblich unter der ortsüblichen Vergleichsmiete und der Marktmiete. Die tatsächliche Miete könnte auf die ortsübliche Vergleichsmiete angehoben werden. Dabei ist allerdings die gesetzlich vorgeschriebene Kappungsgrenze zu berücksichtigen, wonach die Miete nur alle drei Jahre um maximal 15 bzw. 20 Prozent erhöht werden darf.

Bei der Rohertragsermittlung würde man zunächst die ortsübliche Vergleichsmiete als Rohertrag ansetzen. Die Mindermiete aufgrund der Kappungsgrenze muss als besonderes objektspezifisches Grundstücksmerkmal am Ende des Ertragswertverfahrens berücksichtigt werden.

Rohertrag bei Gewerbeobjekten

Die laut Mietvertrag tatsächlich zu zahlende Miete spielt bei Gewerbeobjekten eine große Rolle. Sie muss unbedingt mit den marktüblichen Erträgen verglichen werden. Sollte die tatsächliche Miete erheblich von den marktüblichen Erträgen abweichen, ist dies als Underrent oder Overrent am Ende des Ertragswertverfahrens zu berücksichtigen.

Konstanter Rohertrag über die gesamte Restnutzungsdauer

Im Ertragswertverfahren wird der am Wertermittlungsstichtag marktüblich erzielbare Ertrag in konstanter Höhe über die gesamte Restnutzungsdauer angesetzt. Für die Zukunft erwartete Ertragssteigerungen werden im Rohertrag nicht berücksichtigt. Diese Erwartungen spiegeln sich vielmehr im Liegenschaftszinssatz wieder, denn der Liegenschaftszinssatz wird aus tatsächlichen Verkaufspreisen von Ertragsobjekten abgeleitet.

Die Vorgehensweise im Ertragswertverfahren stellt sich damit wie folgt dar:

  1. Ermitteln der zum Wertermittlungsstichtag marktüblich erzielbaren Erträge.
  2. Die zum Wertermittlungsstichtag marktüblich erzielbaren Erträge werden über die gesamte Restnutzungsdauer in konstanter Höhe angesetzt.
  3. Die konstanten Erträge entsprechen nicht den Erwartungen des Marktes. Deshalb wird die Kapitalisierung der Erträge mit dem Liegenschaftszinssatz, der die vom Markt erwarteten Mietschwankungen berücksichtigt, durchgeführt.
  4. Die Grundlagen des Ertragswertverfahrens sind somit die konstanten Erträge und der dynamische Liegenschaftszinssatz.
Konstante Erträge und der dynamische Liegenschaftszinssatz
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