Die ortsübliche Vergleichsmiete gibt es am Markt nicht
Wussten Sie schon, dass die nach § 558 BGB geregelte ortsübliche Vergleichsmiete systematisch in keinster Weise die tatsächliche Marktmiete von Wohnimmobilien abbildet? Natürlich gibt es auch Mieten, die genauso hoch sind wie die ortsübliche Vergleichsmiete. Jedoch führt die Systematik zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete so gut wie immer zu einem unterhalb der Marktmiete liegenden Wert. Das resultiert daraus, dass die ortsübliche Vergleichsmiete nicht nur aus Neumieten, sondern auch aus Bestandsmieten abgeleitet wird (§ 558 Abs. 2):
Die ortsübliche Vergleichsmiete wird gebildet aus den üblichen Entgelten, die in der Gemeinde oder einer vergleichbaren Gemeinde für Wohnraum vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage einschließlich der energetischen Ausstattung und Beschaffenheit in den letzten vier Jahren vereinbart oder, von Erhöhungen nach § 560 abgesehen, geändert worden sind. Ausgenommen ist Wohnraum, bei dem die Miethöhe durch Gesetz oder im Zusammenhang mit einer Förderzusage festgelegt worden ist.
Bestandsmiete ist nicht gleich Marktmiete
Die Marktmiete ist der Preis, der zum Zeitpunkt einer Neuvermietung erzielbar ist. Jeder Laie würde erwarten, dass die Bestandsmieten auch den aktuellen Markt widerspiegeln. Jedoch sind Bestandsmieten solche Mieten, welche bei bereits bestehenden Mietverhältnissen während der Vertragslaufzeit angepasst wurden. Für die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete dürfen Bestandsmieten und Neuabschlüsse aus den letzten vier Jahren berücksichtigt werden. Diese sind in der Regel niedriger als die aktuell erzielbare Marktmiete.
Die ortsübliche Vergleichsmiete basiert folglich auf Daten der Modifikation von Altverträgen, welche üblicherweise niedriger sind als Neuverträge.
Folglich ist die ortsübliche Vergleichsmiete insbesondere für Mieterhöhungsverlangen bei bestehenden Mietverträgen von Bedeutung. Sie wird aber auch für die Beurteilung von Neumieten herangezogen.
Marktmiete als Neumiete anstelle der ortsüblichen Vergleichsmiete ansetzen
Bei Neuvermietung müssen sich Makler und andere Immobilienprofis nicht zwangsläufig an der ortsübliche Vergleichsmiete orientieren, sondern können tatsächliche Marktmieten ermitteln und ansetzen. Hierbei dürfen sie nach § 5 WiStG bei Vermietung von Wohnraum höchstens 20 Prozent über der Vergleichsmiete liegen (Wesentlichkeitsgrenze). Ein Tatbestand von Mietwucher liegt dann vor, wenn die Miete die ortsübliche Vergleichsmiete um mehr als 50 Prozent übersteigt (§ 291 StGB). Eine weitere Ausnahme bei Neuvermietungen bilden Städte und Regionen mit Mietpreisbremse. Bei aktiver Mietpreisbremse dürfen auch Neumieten nicht mehr als 10 Prozent oberhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Ausnahmen sind hierbei Neubauten und umfassend modernisierte Immobilien bei Erstvermietung. Hier gilt die Begrenzung nicht.
Mieterhöhung und Kappungsgrenze
Wohnraummieten dürfen bis zur Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete jährlich angepasst werden. Die Erhöhung der Miete darf innerhalb von drei Jahren jedoch nicht höher sein als 20 Prozent. In Städten mit Wohnraumknappheit dürfen Vermieter die Bestandsmiete sogar nur um 15 Prozent innerhalb von drei Jahren erhöhen (Kappungsgrenze, § 558 Abs. 3 BGB). Zur Begründung der Mieterhöhung kann Bezug genommen werden auf
- einen Mietspiegel (§§ 558c, 558d BGB)
- eine Auskunft aus einer Mietdatenbank (§ 558e BGB)
- ein mit Gründen versehenes Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen
- entsprechende Entgelte für einzelne vergleichbare Wohnungen (hierbei genügt die Benennung von drei Wohnungen)
Der qualifizierte Mietspiegel ist hierbei von besonderer Bedeutung. Dem qualifizierten Mietspiegel wird unterstellt, dass er die ortsübliche Vergleichsmiete widerspiegelt (§ 558d Abs. 3 BGB). Wird die ortsübliche Vergleichsmiete nicht innerhalb eines absehbaren Zeitraums durch Mieterhöhung erreicht, spricht man von einer Underrent-Situation. Ein Underrent ist für die Immobilienbewertung von Bedeutung, da der Barwert der Mindererträge in der Regel als besonderes objektspezifisches Grundstücksmerkmal im Ertragswertverfahren vom vorläufigen Ertragswert abgezogen werden muss.
Miete bei Gewerbe
Die Höhe einer Wohnraummiete ist durch die Vorschriften des BGB erheblich beschränkt. Die Mietpreise bei gewerblicher Nutzung sind nicht preisgebunden und folgen dem marktwirtschaftlichen Gesetz von Angebot und Nachfrage. Vermieter und Mieter sind bei der Preisgestaltung für Gewerberäume also weitestgehend frei. Ausnahmen sind Mieten, welche nach § 138 BGB sittenwidrig sind oder Wucher darstellen. Oftmals sind in gewerblichen Mietverträgen sogenannte Wertsicherungsklauseln vorhanden. Dies bedeutet, dass sich die zu zahlende Miete in bestimmten zeitlichen Abständen ändert. Übliche Verfahren sind Staffelmieten, bei der sich die Miete in festgelegten Schritten erhöht. Bei Indexmieten richtet sich die Höhe der Änderung der Miete oftmals an externen Preisindexen, z.B. dem Verbraucherpreisindex.
Weitere Mietbegriffe
Kostenmiete: Die Kostenmiete wird als Preisgebundene Miete deklariert. Sie ist insbesondere zur Bestimmung der zulässigen Miete bei öffentlich gefördertem und sozialem Wohnraum von Bedeutung.
Nettomiete/Nettokaltmiete: Bei der Nettomiete oder Nettokaltmiete handelt es sich um die Miete ohne Betriebskosten. Es stellt somit das Entgelt dar, was alleine als Gegenleistung für den Gebrauch der Mietsache erbracht wird.
Nettowarmmiete: Bei der Nettowarmmiete handelt es sich um die Miete mit Heizkosten aber ohne sonstige Betriebskosten.
Bruttokaltmiete: Von der Bruttokaltmiete wird gesprochen, wenn alle Betriebskosten außer Heiz- und Wasserkosten enthalten sind.
Bruttowarmmiete: Die Bruttowarmmiete enthält sämtliche Kosten (Nettomiete + Betriebskosten + Heiz- und Warmwasserkosten).
Grundmiete: Die Grundmiete ist die im Mietvertrag vereinbarte Miete ohne die vertraglch gesondert ausgewiesenen und zu zahlenden Betriebskosten. Die Grundmiete ist die Basis zur Ermittlung von zulässigen Mieterhöhungen und der Kappungsgrenze.
Teilinklusivmiete: Wenn im Mietvertrag ein Teil der Betriebskosten in die vereinbarte Grundmiete mit einfließt, z.B. als Pauschale.
Triple-net-Miete: Dieser Mietbegriff ist meist nur bei Gewerbemietverträgen vorzufinden. Er beinhaltet, dass neben den üblichen drei Teilen der Miete (Grundmiete + Nebenkosten + Heizung/Warmwasser) zusätzlich auch noch die Kosten an Dach für Instandhaltung durch den Mieter zu zahlen sind.
Umsatzmiete: Die Höhe der Miete wird prozentual vom Umsatz eines Gewerbes oder Handels abhängig gemacht, wobei ein Sockel als Miete üblich ist.
Fazit: Wie Sie erkennen können, ist das deutsche Mietrecht sehr komplex und von einer Vielzahl von Begriffen geprägt. Die zukünftige Bundespolitik wird bestrebt sein, weitere Entwicklung vorzunehmen, so war z.B. die Berücksichtigung von Mieten aus den letzten 10 Jahren für die ortsübliche Vergleichsmiete im Gespräch, um aktuelle Preisanstiege weiter zu bremsen. Wir erwarten weitere Rechtsänderungen sowie die Aufgabe einiger aktueller Instrumente und halten Sie darüber gerne auf dem Laufenden.