Besondere objektspezifische Grundstücksmerkmale sind besondere Eigenschaften eines Grundstücks, die es von anderen unterscheiden. Diese können natürliche Merkmale wie Lage, Bodenbeschaffenheit oder Vegetation sein, aber auch künstlich geschaffene wie Bauwerke oder Begrünung.
Besondere objektspezifische Grundstücksmerkmale im Sinne der Immobilienwertermittlungsverordnung ImmoWertV können sein:
- Von den marktüblich erzielbaren Erträgen erheblich abweichende Erträge (Underrent / Overrent)
- Leerstände
- Unterhaltungsrückstände, Baumängel und Bauschäden
Besondere objektspezifische Grundstücksmerkmale in der Software KIM
Bewertungssoftware KIM
Besondere objektspezifische Grundstücksmerkmale dürfen erst am Ende des Ertragswertverfahrens nach der Berechnung des vorläufigen Ertragswerts berücksichtigt werden. Sie sind in dem vorläufigen Ertragswert (der auch in K.IM berechnet wird) nicht enthalten. Der vorläufige Ertragswert ist somit eine Fiktion. Es ist nicht der Wert des real vorhandenen Objekts.
Damit tun sich die meisten Bewerter schwer, denn man bewertet zunächst nicht das, was tatsächlich vorhanden ist, sondern das, was ein Käufer gerne hätte:
- ein „normal“ instandgehaltenes Objekt
- ohne Baumängel und Bauschäden
- mit marktüblichen Mieteinnahmen
Bei einem modernisierungsbedürftigen Gebäude werden deshalb die Mieten für den modernisierten Zustand angesetzt und nicht die Mieten für den modernisierungsbedürftigen Zustand. Es wird somit zunächst von der Fiktion des modernisierten Gebäudes ausgegangen. Der Übergang von der Fiktion zur Realität wird erst am Ende des Verfahrens vollzogen, indem die Modernisierungskosten wertmindernd abgezogen werden
Beispiel Underrent
Schauen Sie sich einmal folgende Mietkonstellation an:
In diesem Fall liegt die im Bewertungsobjekt erzielte tatsächliche Miete erheblich unter der ortsüblichen Vergleichsmiete und der Marktmiete. Die tatsächliche Miete könnte auf die ortsübliche Vergleichsmiete angehoben werden. Dabei ist allerdings die gesetzlich vorgeschriebene Kappungsgrenze zu berücksichtigen, wonach die Miete nur alle drei Jahre um maximal 20 Prozent erhöht werden darf (in einigen Bundesländern gilt eine Kappungsgrenze von 15 Prozent).
Bei einer Wohnfläche von 350 m² und einem Liegenschaftszinssatz von 5 Prozent ergibt sich der Underrent wie folgt:
Monatlicher Underrent | 0,90 EUR/m² | |
---|---|---|
x | Wohnfläche | 350 m² |
x | Monate | 12 |
= | Jährlicher Underrent | 3.780 EUR/Jahr |
x | Barwertfaktor (3 Jahre, 5 %) | 2,72 |
= | Gesamter Underrent | 10.282 EUR |
Bei der Berechnung wurde die Kappungsgrenze berücksichtigt, nach der die Mieten unmittelbar um 20 Prozent erhöht werden können. Damit ergibt sich zum Wertermittlungsstichtag eine Miete von 6,00 EUR/m². Über drei Jahre ist somit ein Underrent von 0,90 EUR/m² vorhanden. Danach kann die Miete auf die ortsübliche Vergleichsmiete von 6,90 EUR/m² angehoben werden.
In der nachfolgenden Grafik ist erkennbar, dass die ortsübliche Miete von 6,90 EUR/m² über die gesamte Restnutzungsdauer als Rohertrag angesetzt wurde. Der Underrent, d.h. die über drei Jahre vorhandene Differenz zwischen 6,90 und 6,00 EUR/m², ist in der Grafik als farbiges Rechteck dargestellt.
Beispiel Leerstand
Leerstände können erhebliche Auswirkungen auf den Ertragswert haben. Aus diesem Grund müssen Leerstandszeiten in der Ertragswertermittlung als besondere objektspezifische Grundstücksmerkmale entsprechend berücksichtigt werden. Die voraussichtlichen Leerstandszeiten müssen überschlägig geschätzt werden.
Bei einer guten Nachfrage werden die Leerstandszeiten entsprechend kurz sein. In schlechten konjunkturellen Phasen können die Leerstände allerdings erhebliche Ausmaße annehmen. Dies gilt vor allem für strukturschwache Regionen, in denen teilweise über lange Zeiträume keine Nachfrage zu verzeichnen ist.
In schwierigen konjunkturellen Phasen ist zudem zu berücksichtigen, dass der Vermieter bei einer Neuvermietung oftmals Zugeständnisse an potenzielle neue Mieter machen muss (Incentives). Derartige Zugeständnisse sind beispielsweise:
- Ausbau der Mieteinheiten auf Kosten des Vermieters
- Mietfreie Zeiten für neue Mieter
- Kostenlose Überlassung von Stellplätzen und Abstellräumen an neue Mieter
- Übernahme von Maklerkosten durch den Vermieter
Der Leerstand hat einen weiteren erheblichen Nachteil für den Vermieter: Er muss die Betriebskosten der leer stehenden Mieteinheiten selbst tragen. Dieser Nachteil im Vergleich zur Vollvermietung muss ebenfalls wertmindernd berücksichtigt werden.
Die Besonderen objektspezifischen Merkmale in der Immobilienbewertungssoftware KIM
Die besonderen objektspezifischen Grundstücksmerkmale müssen für jedes Bewertungsobjekt individuell eingegeben werden. Hier kann es keine voreingestellten Werte geben, denn jedes Objekt weist andere Merkmale auf, die entsprechend berücksichtigt werden müssen. In der unten stehenden Grafik sehen die KIM-spezifische Eingabemaske, in der Sie die Besonderen objektspezifischen Merkmale Ihres Bewertungsobjekts leicht erfassen können.