Restnutzungsdauer

Fassade eines Stadthauses als Sinnbild für Restnutzungsdauer

Die Restnutzungsdauer wird sowohl für das Sachwertverfahren als auch für das Ertragswertverfahren in § 4 Abs. 3 ImmoWertV gleichermaßen definiert:

Die Restnutzungsdauer bezeichnet die Anzahl der Jahre, in denen eine bauliche Anlage bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung vom Baujahr an gerechnet üblicherweise noch wirtschaftlich genutzt werden kann. Die Restnutzungsdauer wird in der Regel auf Grundlage des Unterschiedsbetrags zwischen der Gesamtnutzungsdauer und dem Alter der baulichen Anlage am maßgeblichen Stichtag unter Berücksichtigung individueller Gegebenheiten des Wertermittlungsobjekts ermittelt. Individuelle Gegebenheiten des Wertermittlungsobjekts wie beispielsweise durchgeführte Instandsetzungen oder Modernisierungen oder unterlassene Instandhaltungen des Wertermittlungsobjekts können die sich aus dem Unterschiedsbetrag nach Satz 2 ergebende Dauer verlängern oder verkürzen.

Die Restnutzungsdauer kann somit in der Regel aus der Differenz von Gesamtnutzungsdauer und Alter der baulichen Anlagen berechnet werden.

Restnutzungsdauer in der Software KIM

Bewertungssoftware KIM

Für die Gesamtnutzungsdauer werden in der Verkehrswertermittlung fest vorgegebene Pauschalwert angesetzt. Diese finden sich in Anlage 1 der ImmoWertV. Nachfolgend eine überschlägige Zusammenfassung der ImmoWertV-Ansätze:

Art der baulichen AnlageGND
Freistehende Ein- und Zweifamilienhäuser, Doppelhäuser, Reihenhäuser80 Jahre
Mehrfamilienhäuser80 Jahre
Wohnhäuser mit Mischnutzung80 Jahre
Geschäftshäuser60 Jahre
Bürogebäude, Banken60 Jahre
Gemeindezentren, Saalbauten, Veranstaltungsgebäude40 Jahre
Kindergärten, Schulen50 Jahre
Wohnheime, Alten- und Pflegeheime50 Jahre
Krankenhäuser, Tageskliniken40 Jahre
Beherbergungsstätten, Verpflegungseinrichtungen40 Jahre
Sporthallen, Freizeitbäder, Heilbäder40 Jahre
Verbrauchermärkte, Autohäuser30 Jahre
Kauf-/Warenhäuser50 Jahre
Einzelgaragen60 Jahre
Tief- und Hochgaragen als Einzelbauwerk40 Jahre
Betriebs- und Werkstätten, Produktionsgebäude40 Jahre
Lager- und Versandgebäude40 Jahre
Landwirtschaftliche Betriebsgebäude30 Jahre
Gesamtnutzungsdauer von Gebäuden nach ImmoWertV 2021

Ein Einfamilienhaus mit einer durchschnittlichen Qualität hat somit nach obiger Tabelle eine Gesamtnutzungsdauer von 80 Jahren. Unterstellt man einen Wertermittlungsstichtag im Jahr 2015, so ergeben sich mit dem Baujahr 1980 ein Gebäudealter von 35 Jahren und eine Restnutzungsdauer von 45 Jahren.

Bei älteren Gebäuden, die im Laufe der Zeit modernisiert wurden, muss die Restnutzungsdauer verlängert werden. In der Bewertungssoftware KIM brauchen Sie diesbezüglich lediglich den Modernisierungsgrad des zu bewertenden Hauses anzugeben und KIM berechnet automatisch die entsprechende Restnutzungsdauer.

Die Restnutzungsdauer bei hohen Liegenschaftszinssätzen

Die Ermittlung der Restnutzungsdauer ist zwar oftmals sehr schwierig. In vielen Fällen aber ist die exakte Schätzung nicht unbedingt notwendig. Denn bei relativ hohen Restnutzungsdauern und hohen Liegenschaftszinssätzen ist der Ertragswert erstaunlich stabil gegenüber Schätzfehlern in der Restnutzungsdauer. Bei geringen Restnutzungsdauern und geringen Liegenschaftszinssätzen dagegen haben Fehleinschätzungen bei der Restnutzungsdauer starke Auswirkungen auf den resultierenden Ertragswert. Diese Zusammenhänge werden in der folgenden Grafik für ein Objekt mit einem Reinertrag von rd. 3.500 EUR/Monat und einem Bodenwert von 240.000 EUR verdeutlicht.

Restnutzungsdauer im Ertragswerverfahren


Für das Beispielobjekt ändert sich bei einem Liegenschaftszinssatz von 6 % der Ertragswert bei Restnutzungsdauern zwischen 30 und 100 Jahren nicht wesentlich. Der Ansatz der Restnutzungsdauer ist bei dieser Konstellation also von untergeordneter Bedeutung, was den Bewerter jedoch nicht dazu verführen sollte, bei der Informationsbeschaffung über die anzusetzende Restnutzungsdauer weniger sorgfältig zu recherchieren. Es ist aber durchaus legitim, mittels einer Sensitivitätsanalyse zu zeigen, dass ein Streit über die anzusetzende Restnutzungsdauer jeglicher Grundlage entbehrt.

Die Restnutzungsdauer in der Immobilienbewertungssoftware KIM

Die Restnutzungsdauer wird Ihnen in KIM abhängig vom Gebäudetyp und dem (fiktiven) Baujahr automatisch berechnet. Der ermittelte Wert geht dann automatisch in die normierten Wertermittlungsverfahren (Ertragswert- und Sachwertverfahren nach ImmoWertV) ein.

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