25. Februar 2023

Nachweis der kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer eines Gebäudes

Steuerpflichtige können eine von den rechtlichen Vorgaben abweichende kürzere AfA für Gebäude nachweisen. Dazu ist nun ein Gutachten notwendig.

Haus - Nachweis verkürzte Nutzungsdauer

Der Bundesfinanzhof hatte in einem Urteil im Jahr 2021 entschieden, dass ein Steuerpflichtiger eine von den rechtlichen Vorgaben abweichende kürzere AfA für Gebäude nachweisen kann und sich dabei jeder geeigneten Darlegungsmethode bedienen kann. Daraufhin hatten zahlreiche Steuerpflichtige sich der ImmoWertV-Methode bedient, wonach die Restnutzungsdauer im Normalfall aus der Differenz zwischen Gesamtnutzungsdauer und Alter zu ermitteln ist. Für modernisierte Gebäude wurde von den Steuerpflichtigen die in der ImmoWertV normierte Berechnungsmethode der verlängerten Restnutzungsdauer angewandt. Es hatten sich bereits Internetportale gebildet, die den Nachweis der kürzeren Nutzungsdauer nach der ImmoWertV-Methode gegen Entgelt anboten.

Anwendungsregelungen zum Nachweis der kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer

Mit Datum vom 22.02.2023 hat das Bundesministerium der Finanzen nun ein Schreiben mit konkreten Anwendungsregelungen zum Nachweis der kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer veröffentlicht. Mit den darin beschriebenen umfangreichen Vorgaben ist die einfache Anwendung der ImmoWertV-Methode erst einmal vom Tisch. Der Nachweis ist nun an komplizierte Bedingungen geknüpft.

Laut dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen ist bei der Schätzung der kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer insbesondere von der technischen Nutzungsdauer und vom technischen Verschleiß auszugehen. Ausgangspunkt für die Beurteilung des technischen Verschleißes ist die Nutzungsdauer der Tragstruktur des Bauwerks (Dachkonstruktion, tragende Innen- und Außenwände, Geschossdecken und Fundament) als Hauptbestandteil des Gebäudes. Für den Nachweis der kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer ist es somit erforderlich, eine eventuelle Beeinträchtigung der Tragstruktur des Bauwerks aufzuzeigen. Die wirtschaftliche Nutzungsdauer kann nur dann als Nachweis zugrunde gelegt werden, wenn das Gebäude vor Ablauf der technischen Nutzungsdauer objektiv wirtschaftlich verbraucht ist.

Nachweis zukünftig durch Vorlage eines Gutachtens

Der Nachweis ist zukünftig durch Vorlage eines Gutachtens eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken oder von Personen, die von einer nach DIN EN ISO/IEC 17024 akkreditierten Stelle als Sachverständige oder Gutachter für die Wertermittlung von Grundstücken nach entsprechender Norm zertifiziert worden sind, zu erbringen. In dem Gutachten ist der Zustand der Tragstruktur des Gebäudes darzustellen und begründet darzulegen, warum sich daraus eine kürzere Nutzungsdauer ergibt.

Zur ImmoWertV-Methode heißt es in dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen wie folgt:

„Die bloße Übernahme einer Restnutzungsdauer aus einem Verkehrswertgutachten ist nicht als Nachweis einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer im Sinne des § 7 Absatz 4 Satz 2 EStG geeignet. Auch der alleinige Verweis auf die Modellansätze für die Gesamtnutzungsdauer in Verbindung mit dem Modell zur Ermittlung der Restnutzungsdauer bei Modernisierungen nach der Anlage 1 und 2 der Immobilienwertermittlungsverordnung ist nicht ausreichend. Der Gutachtenzweck muss sich ausdrücklich auf den Nachweis einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer richten und zwingend die maßgeblichen Determinanten (Randnummer 17) berücksichtigen. Hierbei ist auch eine mögliche Nachfolgenutzung des Gebäudes und deren Auswirkung auf die Nutzungsdauer einzubeziehen. Die Restnutzungsdauer und die Gesamtnutzungsdauer nach der ImmoWertV entsprechen nicht der tatsächlichen Gesamt- bzw. Restnutzungsdauer eines einzelnen Gebäudes, sondern sind Modellansätze, die nur im Gesamtkontext einer Verkehrswertermittlung zu sachgerechten Ergebnissen führen. Eine isolierte Verwendung der Modelle bzw. Modellansätze der ImmoWertV bzw. der Anlagen zur ImmoWertV für Zwecke des Nachweises einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer im Sinne des § 7 Absatz 4 Satz 2 EStG ist nicht sachgerecht.“

Damit wird es in Zukunft kaum noch möglich sein, auf einfache Art und Weise eine kürzere tatsächliche Restnutzungsdauer nachzuweisen. Es muss vielmehr ein Gutachten eine öffentlich bestellten und vereidigten oder eines zertifizierten Sachverständigen vorgelegt werden, in dem dezidiert auf die technischen Gründe, die zu einer kürzeren Nutzungsdauer führen, eingegangen wird.

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