11. August 2014

Immobilienbewertung: Gutachter, Internet oder Software?

Immobilienbewertung: Gutachter, Internet oder Software? Makler, Bauherren, Architekten und Ingenieure wollen ihn wissen: Den Wert von Immobilien. Um diesen zu ermitteln, gibt es mittlerweile neben Sachverständigen auch Bewertungstools im Internet und verschiedene Anbieter von Software zur Immobilienwertermittlung. Dipl.-Ing. Ralf Kröll arbeitet seit zwanzig Jahren als Sachverständiger und kennt sich mit den Vor- und Nachteilen der…

Ralf Kröll

Immobilienbewertung: Gutachter, Internet oder Software?

Makler, Bauherren, Architekten und Ingenieure wollen ihn wissen: Den Wert von Immobilien. Um diesen zu ermitteln, gibt es mittlerweile neben Sachverständigen auch Bewertungstools im Internet und verschiedene Anbieter von Software zur Immobilienwertermittlung. Dipl.-Ing. Ralf Kröll arbeitet seit zwanzig Jahren als Sachverständiger und kennt sich mit den Vor- und Nachteilen der verschiedenen Bewertungsoptionen aus.

Lesen Sie hier das vollständige Interview:

Redaktion: Sachverständiger, Immobilienbewertungssoftware oder Online-Tool? Für wen eignet sich welches Angebot, um Immobilien zu bewerten?

Ralf Kröll: Generell gilt: Einen Sachverständigen sollte man aufsuchen, wenn mehrere Parteien beteiligt sind und Streitigkeiten über den Wert zu erwarten sind. Das kann zum Beispiel bei Ehescheidungen und Erbauseinandersetzungen der Fall sein. Hier hält die eine Partei die Immobilie in der Regel für ein Schloss, die andere meint, das Haus sei eine Bruchbude. In diesen Fällen sollte ein objektiv kalkulierender Sachverständiger mit der Bewertung beauftragt werden. Dieser erstellt ein umfangreiches Gutachten, in dem alle wertrelevanten Aspekte nachvollziehbar beschrieben werden. Das Honorar für ein derartiges Gutachten liegt z.B. bei einem Einfamilienhaus zwischen 1.500 und 2.500 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer.

Wenn keine Streitigkeiten zu erwarten sind, kann man auch selbst, d.h. durch ein Online-Tool oder eine Software, eine Bewertung der Immobilie vornehmen. Dies gilt zum Beispiel für Makler, die bei einem Immobilienverkauf in der Regel den Verkehrswert bzw. Marktwert des Verkaufsobjekts ermitteln wollen. Auch Eigentümer, die den momentanen Wert ihrer Immobilie erfahren möchten, können diesen Weg der Wertermittlung selbst gehen.


Redaktion:
Was genau leisten eine Online-Bewertung und eine Bewertungssoftware?

RK: In einem Online-Bewertungstool gibt man die Daten des Bewertungsobjekts ein, wie z.B. Baujahr, Lage oder Zustand. Auf deren Grundlage und der im Tool hinterlegten Rechenverfahren erhält man dann einen Verkehrswert. Alle Eingaben und Berechnungen erfolgen online im Internet. Viele Betreiber rechnen pro Bewertungsobjekt ab, d.h. der Nutzer bezahlt für jede Immobilienbewertung eine Gebühr.

Eine Bewertungssoftware lädt man sich (in der Regel aus dem Internet) auf den eigenen Computer herunter. In der Software können die Daten des Bewertungsobjekts auf der eigenen Festplatte gespeichert, wiederaufgerufen und beliebig verändert werden. Für die Software zahlt der Kunde einmalig und kann dann eine unbegrenzte Anzahl an Immobilien bewerten.


Redaktion:
Für wen empfiehlt sich der Kauf einer Software, wann genügt ein Online-Bewertungstool?

RK: Ein großer Unterschied besteht im Funktionsumfang und in der Bewertungsgenauigkeit. Je nach Anbieter und Berechnungsmethode ergeben sich bei Online-Bewertungstools unterschiedliche Werte. Manche Anbieter verwenden ein nicht normiertes Sachwertverfahren, andere nehmen einen Mittelwert aus Sach- und Ertragswert, wieder andere setzen auf durchschnittliche Angebotspreise aus der Umgebung der zu bewertenden Immobilie. Ein Test hat ergeben, dass sich die Werte ein und derselben Immobilie bei unterschiedlichen Anbietern von Online-Bewertungstools erheblich unterscheiden. Übertragen auf die Zielgruppen kann man also sagen: Wem eine grobe Richtung genügt, ist mit den Online-Tools gut versorgt. Alle, die auf eine detaillierte und genauere Bewertung Wert legen, sollten sich nach einer geeigneten Software umschauen.


Redaktion:
Was bedeutet geeignet? Welche Kriterien sollte eine Bewertungssoftware erfüllen?

RK: Ein produktübergreifender Vorteil ist sicherlich, dass der Nutzer alles selbst im Griff hat. D.h. er kann entscheiden, welches Verfahren er anwendet und welche Eingangsgrößen in die Bewertung einfließen sollen. Eine gute Bewertungssoftware beinhaltet die in der Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) beschriebenen Bewertungsverfahren. Für diese Verfahren stehen im Internet zahlreiche Erfahrungswerte zur Verfügung, wie z.B. der Bodenrichtwert. Auch wenn es eine Fülle an Bewertungs- und Funktionswerten gibt, darf eine Bewertungssoftware nicht zu kompliziert sein, damit auch Laien sie bedienen können. Idealerweise ist die Bewertung selbsterklärend oder mit verständlichen Hilfefunktionen ausgestattet und findet auf einem einzigen Datenblatt statt. Einen guten Anbieter erkennen Interessenten auch an der Möglichkeit, vor dem Kauf kostenlos ein Mustergutachten herunterladen und die Software für einen Zeitraum kostenlos testen zu dürfen. Wichtig sowohl für Makler als auch für Bauherren oder Kaufinteressenten ist, dass alle Ergebnisse als PDF abgespeichert, per E-Mail verschickt und auch in übersichtlicher Form ausgedruckt werden können. Bei guten Bewertungssoftware-Produkten sind außerdem mindestens zwei Arbeitsplatzlizenzen, eine zeitlich unbegrenzte Nutzung ohne Abo- oder Update-Verpflichtung sowie die Möglichkeit, Unternehmens- und persönliche Texte, Bilder und Logos zu integrieren, inbegriffen. Und last but not least gilt: Nicht immer ist das Produkt mit dem höchsten Preis auch das am besten ausgestattete oder geeignete.

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