Warum steigt der Ertragswert bei fallenden Liegenschaftszinssätzen?
Kann man das verstehen: Bei fallenden Liegenschaftszinssätzen steigt der Ertragswert von Immobilien im Ertragswertverfahren? Man sollte doch meinen, dass bei fallenden Zinssätzen (Renditen) auch der Ertragswert fällt. Oder anders gesagt: Wenn die Rendite in den Keller geht, dann muss doch der Ertragswert hinterhergehen. Oder etwa nicht?
Zur Erklärung dieses Phänomens ein Beispiel. Nehmen wir an, der Rohertrag einer Immobilie liegt bei 20.000 EUR/Jahr und der Ertragswert ergibt sich zu 400.000 EUR. Aus diesen beiden Größen berechnet sich der Liegenschaftszinssatz näherungsweise zu 5 Prozent (Rohertrag / Ertragswert). Nimmt man nun einen Liegenschaftszinssatz von 4 Prozent (fallender Liegenschaftszinssatz), dann steigt der Ertragswert auf 500.000 EUR.
Also: Fallende Liegenschaftszinssätze führen zu steigenden Ertragswerten. Wer’s nicht glaubt, bitte mit dem Taschenrechner kontrollieren.
Warum ist das so? Der Ertragswert ist immer die Sichtweise des Käufers. Wenn der Käufer die Immobilie, die einen Rohertrag von 20.000 EUR/Jahr erwirtschaftet, für einen Preis von 400.000 EUR erwirbt, liegt die Rendite bei 5 Prozent. Muss er z.B. aufgrund des Marktes einen Preis von 500.000 EUR zahlen, dann erhält er zwar immer noch einen Rohertrag von 20.000 EUR/Jahr. Er musste für den gleichen Ertrag aber mehr Geld ausgeben. Die Rendite seines eingesetzten Geldes sinkt damit auf 4 Prozent. Steigende Preise führen somit zu niedrigeren Liegenschaftszinssätzen.
Diesen Zusammenhang können wir momentan auf dem Immobilienmarkt beobachten. In vielen Großstädten gehen die Liegenschaftszinssätze aufgrund der stark gestiegenen Preise „in den Keller“. Für gute Wohn- bzw. Geschäftsobjekt liegen die Zinssätze teilweise unter 2 Prozent. In diesen Fällen muss man sich gut überlegen, ob sich der Kauf einer Immobilie rentiert.